Für die meisten die größte Ausgabe in ihrem Leben und für viele auch der größte Traum: das eigene Haus. In unserer Gesellschaft gehört es einfach dazu, sich ein Eigenheim zu schaffen. Mieten hingegen wird in vielen Köpfen als hinausgeschmissenes Geld betrachtet. Doch warum leben zahlreiche Millionäre zur Miete? Offensichtlich muss es auch gute Gründe fürs Mieten geben. Deshalb schauen wir uns dieses emotionale Thema mal genauer an.
Um jeden Preis
In der Diskussion Kaufen vs. Mieten prallen Welten aufeinander. Harte Verfechter des einen oder des anderen Wegs argumentieren lautstark für ihre eigene Richtung, ohne den gegengesetzten Argumenten auch nur zuzuhören.
Diese Art der Diskussion führt selten zur optimalen Lösung. Betrachten wir die Frage also etwas rationaler.
Beginnen wir mit jener Gruppe, die deutlich in der Überzahl ist, die Kaufbefürworter.
Es bedarf wohl nicht viel Überzeugungsarbeit, für den Kauf eines Hauses zu argumentieren. Der Großteil der Bevölkerung hat dies ohnehin als oberstes Ziel.
Leider geht es bei diesem Ziel soweit, dass man es um jeden Preis erreichen möchte und dabei die Alternativen nicht mehr sieht.
Dieser Preis ist oft eine Verschuldung auf 35 Jahre, wodurch wir uns selbst jegliche Freiheit nehmen.
Denn dadurch ist man gezwungen, immer weiter zu arbeiten, auch wenn es keine Freude mehr macht und man nichts Neues mehr lernt. Es nimmt uns auch den Mut, unseren Träumen nachzugehen, denn die Unsicherheit kann man sich bei einer hohen Verschuldung nicht leisten.
Vielleicht hast Du immer mit dem Gedanken gespielt, dich selbständig zu machen oder die Branche zu wechseln. Doch der Kredit hält dich davon ab.
Die Gefahr bei der Verschuldung ist einfach, dass man sich maßlos übernimmt und sich so selbst in einem goldenen Käfig einsperrt.
Man muss realistisch an die Sache herangehen. Beispielsweise macht es wenig Sinn, einen Kredit aufzunehmen, den man zwar in der derzeitigen Situation stemmen kann, aber zwei volle Einkommen dafür notwendig sind.
Mit Kindern hingegen kommen deutliche Kosten hinzu und ein großer Teil des Einkommens fällt durch die geringere Arbeitszeit weg. All das ist zu berücksichtigen.
Wie ich bereits in früheren Finanzartikeln geschrieben habe, überanalysieren wir leider kleine finanzielle Entscheidungen, die keine Auswirkungen auf unser Vermögen haben, und bei unseren größten Ausgaben wie dem Haus- und dem Autokauf, handeln wir plötzlich völlig emotional. Lies dazu auch “Die Kunst Geld auszugeben”.
Um diesen Fehler zu vermeiden, schauen wir uns die Zahlen an.
Die Zahlen
Das größte Argument von Kauf-Befürwortern ist, dass die Miete zum Fenster hinausgeschmissenes Geld ist. Schließlich zahlt man monatlich für etwas, was einem nicht selbst gehört.
Doch da würde ich stark dagegen argumentieren. Denn auch beim Kauf gibt es unzählige Kosten, die “zum Fenster hinausgeworfen” werden, um in der selben Terminologie zu bleiben. Diese werden allerdings häufig vergessen und nach einigen Jahren kommt das böse Erwachen.
Häufig werden die Kreditrate und die Miete verglichen. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Die Kreditrate teilt sich auf in Zinszahlung, also die Kosten fürs Ausborgen des Geldbetrags, und die Tilgung, also jener Betrag, der die Schulden gegenüber der Bank tatsächlich verringert und so das eigene Vermögen aufbaut.
Der Vergleich von Kreditrate und Miete macht also wenig Sinn. Denn die Tilgung gehört zu den Kosten des Hauses nicht dazu. Dadurch gehört einem einfach monatlich etwas mehr von der eigenen Immobilie.
Die Kosten fürs Kaufen sind also ganz klar die Zinsen.
Was viele in der Rechnung häufig vergessen, vielleicht auch um den lang ersehnten Kauf zu rechtfertigen, sind die Instandhaltungskosten. Bei einem Haus muss man realistischerweise mit jährlichen Kosten von 1-3 Prozent vom Wert des Hauses rechnen.
Hausbesitzer werden mir recht geben. Irgendetwas ist immer zu tun und die Kosten läppern sich dabei rasant. Vielleicht gibt es mal einige Jahre, in denen nichts gemacht werden muss, doch dann kommt unweigerlich eine große Ausgabe. Im Bad muss etwas neu gemacht werden oder es gibt Probleme mit dem Dach. Um danach nicht überrascht zu werden, muss man diese Kosten auf jeden Fall in die Überlegungen miteinbeziehen.
Der große Vorteil ist beim Hauskauf hingegen, dass man sich nach und nach Vermögen aufbaut.
Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass das auch bei jemandem möglich ist, der zur Miete wohnt. Meiner Meinung sind die Möglichkeiten hier sogar deutlich größer.
Investitionen
Man hört Aussagen wie: “Die Person ist über 50 und hat sich immer noch nichts aufgebaut”. Gemeint ist natürlich, dass sich die Person kein Eigenheim geschaffen hat.
Doch woher sollen wir wissen, wie viel Geld im Hintergrund investiert ist. Vielleicht hat die Person ein millionenschweres Aktienportfolio und kann von den Erträgen leben.
Denn wenn man zur Miete wohnt und seine persönlichen Finanzen im Griff hat, hat man einen entscheidenden Vorteil. Man kann breit gestreut und global investieren.
Beim Haus sind im Vergleich dazu alle Eier in einem Korb. Außerdem baut oder gestaltet man sein Haus nach den eigenen Wünschen. Das heißt nicht, dass das auch jemand anderem gefällt, wenn man es verkaufen bzw. vermieten möchte.
Was ist hingegen der große Vorteil beim Hauskauf? Es handelt sich um einen Zwangssparvertrag. Selbst Leute die sich nicht mit ihren Finanzen beschäftigen, sind Monat für Monat gezwungen, ihren Kredit zu bezahlen und so ihr Vermögen aufzubauen.
Ein weiterer Vorteil bei Immobilieninvestitionen ist einer, der sich auch als Nachteil entpuppen kann, nämlich der sogenannte Hebel. Unter dem Hebel versteht man, dass man durch die Kreditaufnahme mehr Geld investiert, als man eigentlich hat.
Somit wirken sich Preisschwankungen stärker aus. Hat man beispielsweise ein Haus oder eine Wohnung um 500.000€ gekauft und nur 100.000€ aus der eigenen Tasche bezahlt, so hat man einen Hebel von 5.
Ein Preisanstieg um 20%, also von 500.000€ auf 600.000€, entspricht damit einem Gewinn von 100%. Denn man hat 100.000€ investiert und 100.000€ Gewinn erwirtschaftet.
Der Hebel wirkt leider in beide Richtungen. Sinkt der Wert der Immobilie von 500.000€ auf 400.000€, so entspricht das einem Totalverlust.
Das Investment wird also deutlich risikoreicher. Solange der Wert steigt ist dies kein Problem.
Dieser Hebel ist auch der Grund, warum es so viele Immobilien-Millionäre gibt. Die historischen Renditen sind nämlich bei Aktien deutlich höher als bei Immobilien. Doch niemand nimmt einen Kredit auf um in Aktien zu investieren, was auch gut ist.
Es ist ein Irrglaube, dass Immobilienpreise nur nach oben gehen können. Diverse Krisen in der Vergangenheit haben das bereits eindrucksvoll gezeigt. Speziell wenn wir uns sicher sind, dass die Preise nur in eine Richtung gehen können, ist die Gefahr am größten.
Was Investitionen betrifft, sehe ich klare Vorteile beim Mieten, da man unterschiedlichste, gut handelbare Wertpapiere zur Verfügung hat. Beim Haus hingegen ist das gesamte Vermögen in der Immobilie, was ein hohes finanzielles Risiko mit sich bringt.
Flexibilität
Ein weiterer essentieller Punkt, den wir in dem Vergleich Kaufen vs. Mieten berücksichtigen müssen, ist die Flexibilität.
Diese Flexibilität betrifft einerseits unsere finanzielle Situation, aber auch die Flexibilität in unserem Alltag und unserer Lebenssituation.
Das Eigenheim ist illiquid. Das heißt, man kann es nur mit hohen Kosten verkaufen und was in diesem Fall noch viel wichtiger ist, es lässt sich nicht teilen.
Sind wir also in Pension und möchten gerne mehr reisen, können wir nicht einfach den Kamin verkaufen oder die zwei Kinderzimmer, die wir nicht mehr brauchen.
Leider kommen genau in dieser Zeit auch die größten Kosten auf einen zu, denn mittlerweile wohnt man in einem alten Haus. Es muss also das Dach und die Heizung erneuert werden.
Wenn beim Mieter hingegen die Heizung kaputt ist, ruft man beim Vermieter an, fährt auf Urlaub und wenn man zurück ist, ist alles erledigt.
Auch die Größe und der Wohnort kann bei der Miete einfach nach der Lebenssituation angepasst werden. Sind die Kinder noch im Haus oder der Wohnung, mietet man einfach etwas Größeres und kann danach in eine kleine, aber feine Immobilie ziehen.
Selbstverständlich ist es bei der Miete auch deutlich einfacher, seinen Lebensmittelpunkt woanders hin zu verlegen.
Wo das Eigenheim hingegen mehr Flexibilität bietet ist, dass wir es voll und ganz nach unseren Bedürfnissen anpassen und gestalten können. Das ist zwar mit viel Arbeit verbunden, kann für einige aber wahnsinnig erfüllend sein.
Emotionale Entscheidung
Auch wenn die Zahlen wichtig sind, um sich nicht selbst zu übernehmen, ist und bleibt die Frage Kaufen oder Miete eine emotionale.
Dieser Beitrag soll dir zumindest einige der wichtigsten Punkte aufzeigen, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.
Und das Wichtigste dabei ist, dass du deine Ziele selbst bestimmst und sie dir nicht von der Gesellschaft vorgeben lässt. Auch wenn all deine Freunde und Bekannten ein Haus bauen, heißt das nicht, dass das auch für dich der richtige Weg ist.
Auch Mieten kann die optimale Lösung für Dich sein. Wenn du dich selbst um deine Investitionen kümmerst, bietet Mieten häufig die gewünschte Flexibilität und Freiheit.
Ich persönlich habe mich noch nicht entschieden, in welche Richtung ich gehen werde. Doch derzeit spricht vieles für die Miete und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass mein Vermögen, speziell weil ich derzeit auf Miete wohne, enorm wächst.
Schlussendlich müssen wir diese Entscheidung individuell für unsere Lebenssituation treffen und wie so oft sollten wir uns dabei nicht zu viel Druck machen. Es muss nicht immer nur eine richtige Lösung geben. Sowohl Kaufen als auch Mieten können großartige Entscheidungen sein.
Wichtig ist, dass wir das Beste daraus machen.
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Das einzige Buch, das Du über Finanzen lesen solltest – Thomas Kehl & Mona Linke
Zum Abschluss noch ein Zitat von Jim Rohn, was nicht nur unseren Wohnraum betrifft:
“If you don’t like where you are, move. You are not a tree.”
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