Wir alle kennen Menschen, die seit Jahren eine gewisse Sache praktizieren. Sie spielen Tennis seit sie 8 Jahre alt sind, spielen seit 10 Jahren Klavier oder sind Professor und Experte in ihrem Fachgebiet. Doch was treibt diese Leute an? Warum bleiben sie bei der Sache und verbessern sich kontinuierlich, während andere 1000 verschiedene Dinge anfangen und nichts durchziehen?
Gleich zu Beginn möchte ich klarstellen, dass es nichts Schlechtes ist, verschiedenste Dinge auszuprobieren und auch schnell wieder aufzuhören, wenn es einem nicht gefällt. So probiert man immer Neues aus und weiß was einem Spaß macht. Doch es hat definitiv auch seinen Reiz, bei einer gewissen Sache dran zu bleiben und langfristig eine Koryphäe zu werden (ich war auch überrascht, dass man Koryphäe so schreibt). Es ist beeindruckend bei Olympia zu sehen, wozu der menschliche Körper im Stande ist, wenn man sein Leben lang eine bestimmte Sportart trainiert.
Doch es ist nicht einfach bei einer Sache dran zu bleiben, da es mit steigendem Können immer schwieriger wird sich weiter zu steigern. Hier kommt die Goldlöckchen Regel ins Spiel. Unser Hirn liebt Herausforderungen. Allerdings muss die Schwierigkeit unser Können genau leicht übersteigen. Es darf also nicht zu leicht sein, aber auch nicht zu schwer. Stell dir vor, du spielst Tennis gegen einen 5-Jährigen. Das wäre keine Herausforderung und du würdest es nur machen, um das Kind zu trainieren und nicht dich selbst. Wenn du hingegen Serena Williams oder Roger Federer als Gegner hättest, wäre es klar zu schwer und du würdest keinen Ball sehen. Spannend wird es dann, wenn dein Gegner ungefähr dein Niveau hat. Es geht hin und her. Wenn du gut spielst gewinnst du, doch es ist eine knappe Partie. Genau dann ist man wirklich auf das Spiel fokussiert und vergisst alles andere.
Eines der bekanntesten Bücher zu dem Thema ist von dem Autor mit dem unaussprechlichen Namen Mihaly Csikszentmihalyi, „Flow“. Es beschreibt genau die Tatsache, dass wir völlig fokussiert sind, viel produktiver und die Zeit vergessen, wenn wir in den Flow-State kommen. Doch dazu muss die Schwierigkeit der Aufgabe perfekt sein. Fordernd, aber nicht unmöglich. Das Buch ist doch eher wissenschaftlich geschrieben und es hat für mich definitiv etwas länger gedauert, es zu Lesen. Heißt nicht, dass das Buch nicht empfehlenswert ist, doch man muss beim Lesen wirklich konzentriert sein, ähnlich wie bei dem super Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“.
Das Prinzip kommt mit verschiedenen Namen immer wieder vor. Flow, deliberate practice oder eben die Goldlöckchen Regel. Cal Newport schreibt in „So good they can’t ignore you“, dass er als Kind bereits angefangen hat Gitarre zu spielen. Er hat richtig viel Zeit investiert, doch hat nie ein Niveau erreicht, um es zu einem Beruf zu machen. Als Erwachsener traf er jemanden, der auch im selben Alter anfing zu spielen, aber nun professioneller Gitarrist ist. Natürlich wollte er wissen, was sie unterscheidet und hat deshalb gebeten, ihm mal beim Üben zuschauen zu dürfen. Nach nur kurzer Zeit war im vollkommen klar, warum er jetzt ein Profi ist. Er hat immer etwas schneller gespielt, als er konnte und vergas deshalb auch manchmal zu atmen und schnappte nach einer gewissen Zeit nach Luft. Das passiert, wenn man im Flow ist. Man ist voll und ganz auf die eine Sache fokussiert. Dadurch das die Aufgabe genau etwas über dem eigenen Können war, verbesserte er sich kontinuierlich und wurde irgendwann Weltklasse.
Fortschritt macht glücklich
Aufgaben mit genau der richtigen Schwierigkeit helfen uns nicht nur uns ständig zu verbessern, sie lösen auch Glücksgefühle bei uns aus. Wie Tony Robbins sagt „progress equals happiness“. Man merkt das auch, wenn man mit etwas richtig zu kämpfen hat und es nicht gleich funktioniert. Nach längerem Probieren schafft man es dann und man merkt richtig wie es einem den Grinser aufzieht. Computerspiele sind ein super Beispiel dafür. Wenn bei Super Mario jedes Level sofort zum Durchlaufen wäre, würde es keiner spielen. Aber auch, wenn Level dabei wären, die kaum schaffbar sind, würden viele einfach nur verzweifeln und aufhören.
Es ist fast auf jeden Lebensbereich anwendbar. Beim Programmieren, schafft man etwas nicht, googelt ewig herum und trotzdem hat man immer kleine Erfolgserlebnisse, wenn es dann endlich funktioniert. Steve Martin, einer der erfolgreichsten Comedians, hat mit kurzen Einlagen unter 5 Minuten vor einem kleinen Publikum begonnen. Für die meisten, mich eingeschlossen, ist es unvorstellbar sich einfach auf die Bühne zu stellen, mit der ständigen Gefahr, dass niemand lacht und versucht die Leute zu unterhalten. Doch auch diejenigen, bei denen es so einfach aussieht, als wäre es angeboren, haben einfach klein angefangen und sich langsam gesteigert. Immer um 1-2 Minuten längere Auftritte, mit immer größer werdendem Publikum.
Verlasse deine Komfort-Zone
Man ist nur leider dazu verleitet, das zu tun und zu üben, was man schon kann. Man fühlt sich wohl bei den Dingen die man im Griff hat. Beim musizieren, spielt man gerne die Stücke die sich super anhören und die man schon gelernt hat. Interessant wird es allerdings, wenn man seine Komfort-Zone verlässt. Wie beim Krafttraining, wird man besser in dem man den Körper jedes Mal leicht überfordert. Dort heißt es „progressive overload“, wo man versucht das Gewicht bei jeder Trainingseinheit minimal, aber dafür kontinuierlich, zu steigern. Langfristig führt das zu enormen Kraftzuwächsen.
Immediate feedback ist der Schlüssel dabei. Steve Martin wusste sofort, ob der Witz gut ankam oder nicht, indem er sah ob das Publikum lachte oder nicht. Bei Super Mario merkst du sofort, wenn du wo hinunterfällst. Auch beim Tennis spürt man sofort, ob man den Ball gut getroffen hat und sieht, ob er im Feld landet. So einfach ist es natürlich nicht in allen Bereichen, in denen man sich verbessern will. Aber wann immer es möglich ist, sollte man sofort eine Rückmeldung bekommen, beim Trainieren.
Die Goldlöckchen Regel ist Teil des Buchs „Atomic Habits“ bzw. „Die 1% Methode“ auf deutsch, von James Clear. Mittlerweile habe ich das Buch schon öfter in Beiträgen erwähnt, weil es meiner Meinung nach wirklich eines der besten Bücher ist, um durch Gewohnheiten sein Leben positiv zu verändern. Es enthält zahlreiche Beispiele aus verschiedensten Bereichen, die enorm motivieren. Falls du das Buch also noch nicht gelesen hast, kann ich es dir nur empfehlen. Es ist auch in meiner persönlichen Top 10.
Es geht also nicht nur darum, wie viel Zeit wir für eine gewisse Tätigkeit investieren, sondern auch wie wir sie investieren. Wenn wir versuchen, uns selbst ständig etwas zu überfordern, werden sich enorme Fortschritte zeigen. Abschließend noch ein Zitat von Tony Robbins:
“Wenn Du tust, was Du immer getan hast, wirst Du das bekommen, was Du immer bekommen hast.“
Wenn du auf der Suche nach neuen Büchern bist, kann ich dir diese Bücherliste empfehlen. Über eine Anmeldung zum Newsletter würde ich mich enorm freuen.