Wir schieben Dinge auf, weil wir faul sind oder? Falsch. Der Grund dafür ist viel komplexer und vor allem interessanter. Ich traue mir zu behaupten, dass es keinen Menschen gibt, der noch nie eine unangenehme Aufgabe hinausgeschoben hat. Wir nehmen uns vor, dass wir morgen damit starten, doch wenn es soweit ist machen wir es wieder nicht. Doch warum ziehen wir diese Dinge nicht durch, um sie endlich aus dem Kopf zu haben?
Die Autorin Margaret Atwood vergleicht Prokrastination (das schöne Wort für Aufschieben) mit Baden in einem kalten See. Man hat sich vorgenommen ins kalte Wasser zu springen, doch wenn man dann dort ist, hadert man mit sich. Man steckt mal einen Fuß hinein und merkt, dass das Wasser immer noch verdammt kalt ist. Obwohl man es sich fest vorgenommen hat, ist man sich plötzlich doch nicht mehr so sicher, ob man wirklich noch ins Wasser geht. Das ist ein perfektes Beispiel, dass Aufschieben nichts mit Faulheit zu tun hat, sondern mit Emotionen.
Denk nur mal daran was du alles machst, um Dinge aufzuschieben. Wenn man unbedingt für eine Prüfung lernen sollte, bekommt man plötzlich einen Putzfimmel. Obwohl uns diverser Staub oder Schmutz für ein Monat nicht gestört hat, muss er jetzt wo wir lernen sollten auf jeden Fall entfernt werden. Es gab kaum eine Zeit, in der meine Küche im Studentenheim so blitzeblank war, wie in der Zeit wo ich eigentlich ein Paper schreiben musste. Denn Aufschieben hat wenig mit Faulheit zu tun und viel mehr damit, dass wir uns selbst Gedanken machen, wie man es machen soll, ob es zu schwer ist,… Natürlich ist es nicht förderlich auch noch einen Hauch von Perfektionismus in sich zu haben.
Der Grund für Prokrastination ist also nicht, dass wir der Arbeit aus dem Weg gehen wollen, sondern bestimmten Gefühlen, nämlich negativen Emotionen. Der wahre Grund sind also Gedanken wie Unsicherheit, fehlende Kompetenz, Angst vorm Versagen, etc. Wenn wir nun die Aufgabe aufschieben, fühlen wir uns kurzfristig besser, da wir nicht mit diesen Emotionen zu kämpfen haben. Deshalb schieben wir wichtige Dinge auf, obwohl wir wissen, dass es Kosten mit sich bringt. Beispielsweise schlafen wir schlechter, machen weniger Sport, weil wir glauben wir haben keine Zeit dafür und haben schlussendlich mehr Stress.
Es gibt gewisse Aufgaben, bei denen man eher anfällig ist sie aufzuschieben. Das sind vor allem Dinge, die wenig Struktur haben und somit nicht klar ist was wir machen müssen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Bachelor- oder Masterarbeit. Doch was können wir dagegen tun? Vor allem für Perfektionisten wie mich ist es das Wichtigste, die Arbeit nicht schon zu bewerten während wir schreiben. Starte einfach und schreibe, auch wenn du dir unsicher bist, ob das in der endgültigen Arbeit bleiben wird. Ändern kannst du es im Nachhinein immer noch, auch wenn du sehen wirst, dass vieles davon sowieso super passt.
Wir haben alle eine Seite, die genau weiß was wir tun sollten und eine andere, die nur damit beschäftigt ist, was wir jetzt im Moment wollen. Die erste ist die schlauere und legt den Wecker ans andere Ende des Raumes, damit die zweite am nächsten Tag in der Früh gar nicht die Möglichkeit hat die Schlummer-Taste zu drücken. Deshalb sollten wir schon vor Beginn der Arbeit gewisse Ablenkungen vermeiden. Wenn wir uns beispielsweise aufs Schreiben konzentrieren wollen, sollten wir das Handy gar nicht im selben Raum haben. Andernfalls ist die Chance groß, dass man wieder ewig durch Instagram oder Twitter scrollt, um der unangenehmen Aufgabe aus dem Weg zu gehen.
Es kann auch hilfreich sein, sich die Dinge im Vorhinein im Kalender einzutragen. In einer Studie mussten Teilnehmer eine Arbeit schreiben und es wurde zufällig zugeteilt, wer sich Zeiten zum Schreiben in den Kalender eintragen muss. Die Gruppe, die Schreiben in ihrem Kalender hatten, war 4 Mal so produktiv und trotzdem nicht weniger kreativ.
Denk also schon im Vorhinein darüber nach, wie du Ablenkung vermeiden kannst. Mach dir außerdem bewusst, dass meist eine gewisse negative Emotion der Grund dafür ist, dass wir Dinge aufschieben. Und wenn du dann doch wieder mal etwas aufschiebst, was unweigerlich passieren wird, da es niemand komplett vermeiden kann, sei etwas netter zu dir selbst. Denk daran, dass absolut jeder auf seine Weise mit dem Aufschieben kämpft. Mach dir also nicht auch noch selbst Schuldgefühle.
Das Buch das mir zu Beginn meiner Masterarbeit unglaublich geholfen hat ist „The War of Art“ von Steven Pressfield. Es ist ein sehr dünnes, kurzes Buch, aber motiviert wahnsinnig seinen inneren Schweinehund zu überwinden.
Abschließend noch ein Zitat vom Autor Steven Pressfield:
“Most of us have two lives. The life we live, and the unlived life within us. Between the two stands Resistance.”
Zu diesem Thema kann ich auch den Podcast von Adam Grant „WorkLIfe“ empfehlen. Die Ideen für diesen Artikel kommen aus der Folge „The real reason you procrastinate„. Wenn du auf der Suche nach neuen Büchern bist, kann ich dir diese Bücherliste empfehlen. Über eine Anmeldung zum Newsletter würde ich mich enorm freuen.