Wie wichtig Langeweile sein kann

Wann war dir das letzte Mal langweilig? Die Chancen stehen gut, dass dir kein einziges Mal einfällt in den letzten 5 Jahren. Mir ging es genauso, als ich die Frage vor Kurzem gelesen habe. Es klingt vielleicht kontraintuitiv, aber Langeweile kann unsere Produktivität enorm steigern. In diesem kurzen Artikel möchte ich darauf eingehen, wie wichtig es ist, seine Gedanken wandern zu lassen.

Eine Zeit ohne Pause

In einer Zeit der Technologie gibt es keinen Grund mehr, auch nur eine Sekunde mit Langeweile zu verbringen. Mit unseren Smartphones haben wir ein 1A-Entertainment-Gerät in unserer Hosentasche. Man kann damit die neuesten Nachrichten lesen, Social Media durchscrollen um zu sehen was bei Freunden los ist und verschiedenste Spiele spielen. Außerdem ist es Wecker, To-Do-Liste und Kalender in einem. All das sind grundsätzlich gute Dinge und soll absolut nicht als Kritik gesehen werden. Doch geh kurz einen typischen Tag von dir durch. Gibt es auch nur eine Sekunde, in der du nichts tust und dein Hirn mal Zeit hat auszulüften?

Selbst wenn wir auf die Toilette gehen, halten wir es keine Minute aus nichts zu tun und greifen intuitiv zum Smartphone. Wenn wir uns gerade einen frischen Kaffee gemacht haben, nehmen wir uns auch nicht Zeit um ihn zu genießen, sondern lesen nebenbei Nachrichten oder nutzen die kurze Pause, um zu checken was in den tausend WhatsApp-Gruppen wieder geschickt wurde. Wir versuchen aktiv Langeweile zu vermeiden und das hat auch seinen Grund. Langeweile ist unangenehm und macht uns besorgt und ungeduldig. Doch es gibt auch einige Vorteile.

Interessanterweise stammt die Idee für diesen Artikel aus einem Buch das ich letzte Woche gelesen habe, mit dem Namen „Hyperfocus: Wie man weniger arbeitet und mehr erreicht“ von dem Produktivitätsexperten Chris Bailey. Von einem Buch zum Thema Produktivität würde man nicht unbedingt erwarten, zu lesen, dass man mehr Zeiten einbauen sollte, in denen man nichts tut. Ich persönlich dachte mir vor dem Lesen, ob recht viel neue Produktivitätstechniken dabei sind, da ich gerne Bücher in dem Bereich lese. Überraschenderweise beschäftigte sich ein beachtlicher Teil mit dem Thema „Scattering“, also seinen Gedanken freien Lauf zu lassen.

Lass deine Gedanken wandern

Einer Studie zufolge wandern unsere Gedanken an 3 Hauptorte: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Allerdings beschäftigt sich unser Hirn nur 12 % der Zeit in der wir „nichts“ tun mit unserer Vergangenheit (von diesen 12 % entfallen 38 % auf Erinnerungen, die an diesem Tag passiert sind, 42 % beziehen sich auf gestern und nur 20 % auf letztes Monat und Jahr).

Unsere Gedanken wandern in 29 % der Fälle in die Gegenwart. In der Zeit denken wir über das nach, was wir gerade tun, welche alternativen Herangehensweisen man verwenden könnte und wie wir es effizienter tun könnten.

Der größte Teil ist auch der interessanteste Teil. Denn in 48 % der Zeit wandern unsere Gedanken in die Zukunft. In dieser Zeit beschäftigen wir uns damit, was wir tun wollen, planen unseren Tag und überlegen, wie wir unsere Ziele erreichen können. Der Fokus liegt dabei stark auf die unmittelbare Zukunft: 44 % der Gedanken über die Zukunft beziehen sich auf eine spätere Zeit am selben Tag, 40 % beziehen sich auf morgen.

Für alle Füchse die nachgerechnet haben, die Prozent summieren sich nicht auf 100 %, da die fehlenden 11 % keinen zeitlichen Fokus haben.

Doch wenn man sich die Zahlen so ansieht, fällt auf wie produktiv die Zeit ist, in der wir unsere Gedanken wandern lassen. 77 % der Zeit denken wir über Gegenwart und Zukunft nach. Außerdem ist es die Zeit in der wir Erlebtes in Beziehung zu Gegenwart und Zukunft setzen und Ideen verknüpfen. Das erklärt auch, warum uns so oft super Ideen einfallen, während wir unter der Dusche stehen und nicht aktiv über etwas nachdenken.

Füll nicht jede Sekunde

Man sieht also, dass kleine Pausen wichtig sind und es definitiv keine verschwendete Zeit ist, mal kurz „nichts“ zu tun. Das ist auch der Grund, warum ich im letzten Artikel darüber geschrieben habe, wie wichtig kurze Schläfchen sein können. Sie geben dem Hirn auch Zeit, all die verschiedenen Eindrücke zu verarbeiten und zu ordnen. Das Hirn ist nämlich keinesfalls „abgeschaltet“ während wir schlafen.

Für mich ist die Idee jedoch auch neu, neben meinen altbewährten Schläfchen, nicht jede Sekunde mit einer Tätigkeit zu füllen. Ich muss auch zugeben, dass es mir selbst auffällt, dass mein Hirn selbst bei kleinen Pausen nach einem neuen Reiz sucht. Wenn zum Beispiel ein Update eingespielt wird und der Computer neu gestartet werden muss, ist selbst eine Minute für den Neustart zu lange, um die Zeit nicht anderweitig zu nutzen. Das betrifft auch den zuvor angesprochen Gang aufs WC. Obwohl ich schon lange alle Social Media Apps von meinem Smartphone gelöscht habe, geht der Griff intuitiv zum Handy, um Nachrichten zu lesen.

Deshalb versuche ich derzeit noch bewusst, diese Pausen nicht zu füllen, um dem Hirn mal kurz Zeit zu geben. So können die vielen Eindrücke des Tages auch verarbeitet werden und man sieht wieder das größere Bild. Versuch auch einfach mal ohne Smartphone eine Runde spazieren zu gehen. Es ist zwar ungewohnt, wenn mal nichts los ist, aber es kann Gold wert sein.

Abschließend noch ein Zitat von George Orwell:

„Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen eiliger an ihr vorbei.“

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